Fantasmagoria "Day And Night" (Poseidon Productions/Musea Records, VÖ: 03/2009)

Die Prinzessin im Seidenkleid spielt Violine. Ihr Schloss steht inmitten der historischen Parkanlage, ein großes Portal führt in den Ballsaal. Dort steht sie, wohlgestalt, anmutig, gebildet, geliebt. Sie hat Geschmack und eine Band, Fantasmagoria. Sie spielen symphonischen Progressive Rock. Draußen blühen die Blumen, die Sonne scheint. Ein paar Wolken sitzen als Farbtupfer im Blau des unendlichen Himmels, da spielt sie zum Ende des ersten Stückes eine Dissonanz. Die Band ergänzt diesen radikalen Punkt nach vier Minuten schöngeistiger Klänge. Der zweite Song beginnt beschwingt. Miki Fujimoto (vi), ihr Spiel ist konzentriert, denkt unwillkürlich daran, nach der Bandprobe den Angestellten mitzuteilen, dass das Obergeschoss bereitet werden muss. Es werden Gäste erwartet. Alles muss schön sein. Das Bankett wird geliefert, in der Küche fieberhaft gearbeitet, zu Beginn ihrer dritten Komposition wird sie aus ihren Träumen gerissen. Der harte Tastenanschlag des lauten Keyboards mag den popverwöhnten Klang der 1980er Jahre, sie geht mit Verve und Elan dagegen an, unterstützt von ihrem Bassisten, der warme, satte Läufe liefert, die der vertrackt gemütlichen Arbeit des Schlagzeugers Volumen und Basis geben. Ihr Gitarrist mag den 80er Sound auch, wenn jedoch eher metallisch. Ihr vierter Track, kurz "MNK" genannt, fährt, bis das Keyboard wieder mit Tötungsabsichten ins Spiel gerät, progressive Heftigkeit auf, die allerdings mit den Tasten zu Plastik-Techno-Pop verkümmert, da kann sie geigen, so viel sie will.
Selbst in ihrer höchsten Ambition, und sie hat den Gärtner jedes Bandmitglied zuvor gründlich durchschütteln lassen, nachdem ihre Mahnungen in den Wind schossen, dem progressiven Höhepunkt ihres königlichen Albums, "Anticlimax", wo crimsoneske Sphären illuminiert werden, wie sie 1974 radikal vertont wurden, lässt ihre Band nur bedingt die Finger von poppiger Niedlichkeit. Zwar dringen wahrhaft dramatische Töne aus dem Ballsaal, dass der Gärtner meint, fast spiele die Band endlich hohe Kunst, doch die edle Düsternis des Vorbildes will sich partout nicht einstellen.
Miki veröffentlicht schließlich ihre Platte, die symphonischen Songs mit dramatischen, metallischen und poppigen Ingredienzien. Die studierte Geigerin ist sich bewusst, mit ihrer zwar technisch geübten, aber "progressiv" schlichten Band nicht die brachiale, Underground-wüste Dramatik üben zu können, die sie geneigt ist, zu intonieren. Der Gärtner meint, als Karrierestart sei "Day And Night" nicht die übelste Übung und sie solle sich zukünftig lieber Jazzrocker in die Band holen, Radikalität und Kompromisslosigkeit zu üben, aber dem neugierigen Publikum die CD, wegen ihres unendlichen und die Songs stets bestimmenden, edlen und technisch absolut hervorragenden, phantasievollen Violine-Spiels durchaus präsentieren.
Sagt der Gärtner und verdreht die Augen, während er sich wegdreht.

fantasmagoria.info
miki-fujimoto.com
poseidon.jp
musearecords.com
VM



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