Ludovico Einaudi "Divenire" (Decca 2006)

Wer hat nicht noch Michael Nymans Musik zum Film "The Piano" in den Ohren?!? Jetzt gibt es gewissermaßen den musikalischen Teil zwei, denn diese CD mit Werken aus der Feder Ludovico Einaudis, eines Schülers von Luciano Berio, versprüht ein ganz ähnliches Flair. Teils sind die Stücke der vorliegenden CD für Solo-Piano, teils für Duo (mit Cello oder Gitarre) oder gar für Orchester arrangiert. Im Opener "Uno" unterlegt Signore Einaudi sein Klavierspiel dezent mit Loops, was den meditativen Charakter dieses Stückes noch verstärkt. Elegisch fließen die Töne vor sich hin und sind geeignet den Gedankenfluss zum Stillstand kommen zu lassen, indem sie die Wahrnehmung ganz auf sich ziehen. Im folgenden Titelstück wird Einaudi vom Royal Liverpool Philharmonic Orchestra unterstützt; die Stimmung wechselt so gekonnt zwischen melancholisch und leidenschaftlich, wie es bisher nur Mr. Nyman vergönnt war seine Hörer akustisch zu fesseln. "Monday" ist an jedem Wochentag ein Genuss, denn es ist aus einen Guss; wiederum solistisch lässt Ludovico Erinnerungen an den romantischen Geist aufkommen. Vom einem Cello und Loops begleitet, weckt "Andare" Erinnerungen an den Sound Pat Methenys; wenn dieser als Pianist Karriere gemacht hätte, würden seine Stücke vermutlich in selben tonalen Gewand daherkommen. Das folgende "Rose" ist dergestalt mit floralen Ornamenten verziert, dass es sowohl der gleichnamigen Blume als auch einer Dame gewidmet sein könnte. Danach wird es frühlingshaft, denn "Primavera" bringt Frische in die Gehörgänge; man wähnt sich bei geschlossenen Augen zunächst auf den green meadows in Ireland, so rural wirkt die Szenerie. (Vielleicht irre ich mich auch...) Plötzlich wird es im besten vivaldischen Sinne Sommer, bevor die anfängliche Beschaulichkeit zurückkehrt und sich nach einem abermaligen Sommereinbruch der Reigen schließt. Absolut erwähnenswert sind weiterhin das in ultramarinen Tönen gehaltene Pianosolostück "Oltremare", das viel Tiefgang besitzt und das orchestrale "Svanire", das nach einem von den Streichern erzeugten dezenten Hauch schließlich völlig entschwebt. Insgesamt betrachtet dürfte die Musik Einaudis selbst einem Tschiboklassik-Publikum schmackhaft zu machen sein, wobei allerdings festzustellen ist, dass für klass(e Mus)ik mehr erforderlich ist als Kleider, Mann!

ludovicoeinaudi.com
Frank



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