Andy Edwards "The Mighty Bash" (Andy Edwards Music 2007)

Der zunächst als Prämisse formulierte Syllogismus "Schlagzeuger sind Menschen - Menschen sind des Denkens fähig - ergo sind auch Schlagzeuger des Denkens fähig" wird durch die vorliegende DVD eindrucksvoll verifiziert. (q.e.d.) Gleichzeitig ist dieses von Andy Edwards, der schon für Robert Plant und die Prog-Rocker Frost sowie IQ trommelt(e), in Eigenregie produzierte Dokument ein beredtes Zeugnis für den schrägen britischen Humor, denn selten habe ich in einem Lehrwerk den Witz mittels ultrakurzer Einblendungen so gekonnt aufblitzen sehen wie hier. Allein schon um alle Gags mitzubekommen möchte man sich die DVD mehrfach anschauen. Der Opener "Bollywood Drum Mania", zu dem Andy in höchst musikalischer Weise zeigt, wo der Batteur den Prog holt, sorgt ob seiner rhythmischen Komplexität und seiner interessanten Fusion aus indischen und westlichen Einflüssen schnell für fallende Kinnladen. Solche Stücke braucht der in der Sonne der globalen Gleichförmig- und Gleichgültigkeit vor sich hinschmelzende Progeisberg, dann freut man sich förmlich auf die nächste Glazialperiode! Zwei Fragen stellt Mr. Edwards in den Mittelpunkt seiner DVD, nämlich 1.) How do musicians their stuff? und 2.) Why do musicians their stuff? (Ganz nebenbei ist zu erwähnen, dass auch in der englischen Sprache nicht sonderlich versierte Zeitgenossen durch das langsam und pointiert gesprochene British English gut verstehen können, was Sache ist.) Ein geradezu genialer Schachzug ist die Ableitung verschiedenster Unterrichtsinhalte vom Thema Paradiddle; so führen diverse Exkurse - allesamt anschaulich von Andy in verschiedenen Tempi demonstriert - in die Bereiche Koordination, Dynamik, Kontrolle, Entwicklung von Geschwindigkeit, lineare und nichtlineare Konzepte etc. Dabei ist besonders der Verweis auf die Wirkmechanismen einzelner Regionen des Gehirns zu erwähnen, da Sprachzentrum (Mitzählen) und Bewegungszentrum für Trommler "Partner" und nicht "Gegner" sein sollten. In ähnlicher deutlicher Weise habe ich dies bislang nur von Mike Mangini gehört. (Als kleinen Übe-Tipp von meiner Seite, um die Hemisphärengebundenheit des motorischen Apparats zu überlisten, empfehle ich das Spielen eines Single Stroke Rolls mit den Füßen dar, während die Hände gleichzeitig einen Double Stroke Roll oder einen Paradiddle darüber spielen. Danach sollten Hände und Füße die jeweiligen Rudiments wechseln, damit die Füße nicht zu kurz kommen, aber dies ist ein anderes Thema...) Damit endet die kurzweilige Lehrstunde und Ausschnitte von Andys Auftritt auf dem DrumFest 2005 sind zu bestaunen. Das erste Stück ist ein Song im Stile von Porcupine Tree, auf den ein ostinatobasiertes Solo folgt. Der momentan völlig zu Recht im Rampenlicht der Schlagzeugwelt stehende Gavin Harrison hat mit Andy Edwards quasi ein kleines Brüderchen bekommen, das uns allen noch viel Freude bereiten wird, dessen bin ich mir sicher. (Auf der Youtube-Seite "boondoxotron" von Andy sollte man sich ruhig mal sein Video des IQ-Stückes "Harvest Of Souls" zu Gemüte führen.) Nun folgt eine Sequenz philosophischer Spaziergänge, hier ist die Familie Edwards unter sich: Andy und Gary tauschen sich über die Trias aus Wahrnehmung, Denken und Handeln (und Fußeln) von Trommlern aus. So geht es im Verlauf des Gespräches darum zu klären, was einen guten Trommler ausmacht oder warum Trommeln überall auf der Welt so populär ist. Ein Denker am Schlagzeug wie Neil Peart würde an dieser Diskussion großen Gefallen finden, doch selbst unbedarfte Denker unter den Nichtschlagzeugern können ohne Probleme folgen und sich einen Fetzen dieses akustischen Denkzettels abreißen, um ihn sich hinter die Ohren zu schreiben. Als Reflexion auf der Metaebene der in frischer Luft getätigten Überlegungen folgt wiederum eine mit sphärischen Klängen unterlegte Solonummer, die gleichzeitig als Ausklang dieser DVD dient. Jetzt nicht mehr nachdenken, sondern die DVD bestellen!!!

andyedwardsmusic.com
Frank Bender



Zurück