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Earth, Wind & Fire "Last Days And Time / Head To The Sky" (Sony 1972/73, BGO 2007)
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Die Alben Nummer 2 und 3 der Diskographie der Funk-Truppe Earth, Wind & Fire sind in psychedelischen Früh-70er Jahren entstanden, quasi als erste LPs dieser Band, weil Bandgründer Maurice White nach den beiden erfolglosen Erstlingen die erste Version der Band Earth, Wind & Fire auflöste und gleich darauf diese begründete, die durch stete Besetzungswechsel erst 1975 einige Stabilität erhielt. Musikalisch geht es längst noch nicht in den kommerziell geprägten, glitzerscharfen Disko-Funk.
Aus Funk, Jazz, Rhythm'n'Blues und Rock sind die Songs geschaffen. Das geht so los, dass diverse 3- oder 4-minütige Songs leidliche Tanznummern sind, die schon mal erkennen lassen, dass die Truppe später im Diskosound ganz oben ankommt. Doch nach dem Ende des ersten Tracks "Time is on your Side" gibt es plötzlich dieses keine Minute lange Freejazz-Saxophon-Solo, das einem die Socken auszieht. Nach "They Don't See" folgt eine humoristische Pianonummer, schließlich eine verträumte Note - jedem Song schließt sich ein kurzes Stück ganz anderer Couleur an. Auf dem Beat Goes On - Release, dass die beiden LPs auf einer CD vereint präsentiert, sind die Schnipsel nicht extra angegeben worden, wie es die LP tat, und auch nicht einzeln anwählbar. So wird der unvoreingenommene und die alten Tapes der Band nicht kennende Disko-Fan sein blaues Wunder erleben.
Aber nicht nur damit. Earth, Wind & Fire orientierten sich damals stark am Brass Rock Chicagos, hatten einige knackige, Funk-durchzogene Jazzrocker auf ihren Alben, so etwa das 14-minütige Instrumental "Zanzibar", das Album Nummer 4, "Head To The Sky" ausklingen lässt (und weitere wilde Longtracks).
Zwischen den lockeren Tanznummern sind auch einige politische Songs enthalten, etwa Pete Seegers "Where Have All The Flowers Gone". Das Gros der Songs jedoch hat Chef und Schlagzeuger Maurice White geschrieben, der hier seinem Lieblingshobby, dem Kalimba-Spiel, einer afrikanischen Perkussion, ausgiebig frönt.
Allen Jazzrockern, Tanznummern, Psychedelic Rockern und politischen Songs ist stets der hohe Funk-Anteil gleich, selbst dann, wenn ein schneidendes Gitarrensolo sphärisch über dem ausgeflippten Geschehen schwebt, Flöten und Saxophone ihre sanften bis harschen Laute ausblasen oder das Keyboard Jazzfusion detailliert auseinander nimmt. Funk ist die Basis der Band, darauf allerlei radikales und schräges Liedgut zu intonieren.
Wie es mit der Band weiterging, wissen wir alle. Die Erfolge wuchsen mit der Ästhetisierung, so dass diese Veröffentlichung eher für die Fans gedacht sind, die alternative, "progressive" Kunst im Funk-Rock suchen. Dennoch sollten sich Diskofans nicht von den ersten harschen Tönen abschrecken lassen, denn im weiteren Verlauf können sie eine Ahnung davon bekommen, was vor ihrer Welle war - und wie sie sich schließlich entwickelt hat.
VM
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