Earth and Fire
"Earth and Fire" (Polydor 1970)
"Song of the marching children" (Polydor 1971)
"Atlantis" (Polydor 1973)
(Esoteric Recordings 2009)

Earth and Fire waren wie Golden Earring, Sandy Coast, Shocking Blue, Q65, Supersister, Livin' Blues, Gruppo Sportivo und viele weitere Bands in der holländischen Stadt Den Haag zu Hause. Die Musikszene in der drittgrößten Stadt der Niederlande hat eine lange Tradition. Wo sich so eine Szene entwickelt, wächst Kreativität von selbst. Earth and Fire wuchs aus der 1967 von den Zwillingsbrüdern Chris (g) und Gerard Koerts (key) gegründeten Band Opus Gainfull. Hans Ziech (b) und Cees Kalis (dr), der schon bald von Ton van der Kleij abgelöst wurde, vorher aber noch vier Songs für das Debütalbum eintrommelte und Manuela Berloth (voc), die den Koerts Brüdern nicht lange gefiel und bald Jerney Kaagman Platz machte, die schließlich als einzige in der Band bis zur 1989er Auflage dabei blieb, machten das Line-Up perfekt, 1968 wurde aus Opus Gainfull schließlich Earth and Fire. Die ersten Vorbilder waren Bands wie Moby Grape, The Who, Jefferson Airplane und Family.
Earth and Fire veröffentlichten 1969 ihre erste Single, bis 1990 brachte die Band über alle stilistischen Wandlungen hinweg etliche Singles raus. Das Debütalbum kam 1970 in die Plattenläden, die neun Songs haben einige härtere Parts, hin und wieder rockt die Band ganz nett, insgesamt jedoch geht das Album über gehobenen Poprock-Status kaum hinaus. Mit Progressive Rock haben die Songs wenig zu tun, es gibt sicher einige anspruchsvolle Parts, die sich gut ins poppige Gefüge eingenistet, aber keine besondere weitere Wirkung haben. Jerney Kaagman hat eine ansprechende Stimme, die Radiosender haben sie geliebt und lieben sie bis heute, auf allen Alben der Band sind kurze radiotaugliche Songs, auch auf ihrem interessantesten Album "Song of the Marching Children" von 1971.
Da mixen sich Mellotron-Sounds mit niedlichem Popgesang, instrumental ist das Album relativ komplex aufgebaut, vor allem die seitenlange Suite, die aus mehreren kurzen Kompositionen besteht, sowie das tolle, sechs Minuten lange "Storm and Thunder" machen was her. Der Sound ist romantisch und klassisch geprägt, die Songs sind in aller aufwendigen Komposition relativ leichtgängig, haben viel harmonische Süße und romantische Lyrik und gefallen wegen ihrer schöngeistig-symphonischen Struktur.
Auf der CD sind sechs Bonustracks enthalten, die von drei Singles stammen, die zur gleichen Zeit veröffentlicht wurden, darunter Kurzversionen von "Storm and Thunder" und des 18 Minuten langen Titeltracks. Allesamt kurze Tracks, die trotzdem anspruchsvoll und kein ganz leichtes Popfutter sind, sondern romantisch-klassischer Symphonic Rock mit schwebenden Mellotron-Sounds und guter Rhythmusarbeit.
Das dritte Album der Band, "Atlantis", ist schon wieder das letzte im progressiven Stil, die späteren Alben haben hier und da vielleicht noch einige anspruchsvolle Parts und symphonische Schlenker, die aber nicht mehr überwiegen. Selbst "Atlantis" ist schon wieder leichtgewichtiger als sein Vorgänger. Der sechzehnminütige Titeltrack auf LP-Seite 1 hat seine symphonischen Momente, seine poppigen auch. Jerney Kaagman wusste sich einzubringen und durchzusetzen, nicht nur die kurzen Songs, auch die "Atlantis"-Suite hat liedhaftes Flair. Die symphonischen Elemente prägen den Song jedoch, wenn die Band ihre Ideen auch etwas bieder, konservativ und vor allem sehr soft angeht. Die 5 kurzen Songs auf der B-Seite gefallen mir deutlich besser. Was die Band hier treibt, klingt plötzlich verspielter, verinnerlichter, konzentrierter und eben kunstvoller. Das Konzept mit der Dame am Mikrophon geht aber auch hier auf. Sanfte Melancholie, lyrisch instrumentiert und von der dezent und zurückhaltend arbeitenden Band (von rocken kann nicht die Rede sein) in lieblicher Melodieseligkeit gespielt, ist gewiss nicht ohne Reiz. Earth and Fire wissen mit interessanten Ideen zu beeindrucken, ohne aber vom Hocker zu reißen. In die erste Progressive Rock Liga hat es die Band nie geschafft.
Die drei Alben sind separat von Esoteric Recordings neu remastert auf CD aufgelegt worden. Es gibt zahllose Zusammenstellungen auf LP, CD und DVD, Repertoire Records hatte die Alben bereits aufgelegt. Die Esoteric Auflage kommt mit dickem Booklet inklusive ausführlicher Bandstory, vielen Bildern, technischen Angaben und dem Versuch einer Diskographie. Das erste Album hat außen das britische Roger Dean Cover, innen ist das holländische Cover ganzseitig abgedruckt. Das Debüt hat zwei Bonustracks drauf, "Atlantis" muss ohne auskommen. Zweifellos sind diese Alben der Band damit erstklassig und würdig neu aufgelegt worden.

earthandfire.ning.com
esotericrecordings.com
VM



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