drums & percussion "1.Internationales d&p Seminar 2007" (R. Nitschke Verlags-GmbH 2008)

Deutschlands führendes Magazin für Schlagwerker "drums & percussion" glänzt nicht nur seit langer Zeit mit höchst interessanten Berichten und Interviews, sondern veranstaltete vom 29.11. bis zum 2.12.2007 ein Seminar mit Konzerten und Workshops, das wie die vorliegende, mit fünf Kameras aufgenommene DVD zeigt, unbedingt einer Fortsetzung bedarf, da jedem interessierten Trommler allein beim Goutieren der 185 dokumentierten Minuten das Wasser in Augen und Ohren zusammenlaufen dürfte. Ergänzt werden die trommlerischen Darbietungen von David Sievers Workshop zum Thema "Sound Design", was nicht verwundert, ist d&p schon seit langem dafür bekannt über den Trommelrand hinauszublicken. Die Mischung aus Konzert- und Workshopbeiträgen ist absolut nachahmenswert, denn auf diese Weise können während der Workshops auch Fragen erörtert werden, die sich bei den Teilnehmern nach den Konzertbeiträgen ergaben. Präsentiert wird außerdem der Gewinner des Teilnehmerwettbewerbes, Michael Fromm, der mit einer dreieinhalbminütigen grooveorientierten Darbietung glänzt. Da es aufgrund der Qualität der Beiträge sehr schwer fällt besondere Highlights zu nennen, bleibt mir nichts anderes übrig als einen Schnelldurchlauf zu starten. Otto Normalverbraucher isst Milky Way, Jojo Mayer ist Milky Way - der kosmopolitische Kontorsionist am Drumset spielt locker und leicht Science Fiction Jazz zu herrlich "nervigen" Play Alongs und garniert seine Performance mit einem flummigen Solo, bei dem man vor Begeisterung geneigt ist von seinem Sitz auf zuspringen; dabei kommt es ihm gerade nicht darauf an seine exorbitante Technik herauszustellen, sondern songdienliches Spiel auf höchstem Niveau zu demonstrieren. Phil Maturano liefert zusammen mit mit Irio O´Farrol an der Bassgitarre und Andreas Schneermann am Flügel eine erhebende Session ab, bei der jeder Musikliebhaber zum Latin Lover wird. Natürlich darf auch hier nicht der Solo Spot fehlen - in seinem Workshop geht es, wie könnte es anders sein, um Latin Drumming. Solodrummusik vom Feinsten bietet Claus Hessler: Teils ostinat, teils ostentativ, aber immer obligat! Er widmet sich in seinem Workshop dem Thema "Moeller Technik". Auch Andy Gillmann versucht sich zunächst als Solist, kann aber den von Mr. Germann-Moeller aufgebauten Spannungsbogen nicht halten. Erst als er sich mit Dieter Greifenberg (Piano) und Bolle Diekmann (Bass) zusammentut und dem Jazz huldigt, geht der Daumen klar nach oben - yezz! Sein Workshop zum Thema "Brushes" wischt Vorurteile, das Spiel der Saubermänner am Drumset sei langweilig, elegant vom Trommelfell. Nun wird es akademisch afro-kubanisch: Die Professoren Michael Küttner (Drums) und Jose Cortijo (Percussion) zeigen eindrucksvoll, dass Rhythmusik durchaus als Kommunikation mit nonverbalen Mitteln bezeichnet werden kann. Im Anschluss an ihren gemeinsamen Auftritt geht Prof. Küttner ganz allein auf Exkursion nach Afrika und singt & trommelt dabei, als sei er vom wilden Moskito gestochen. Senior Cortijo zaubert während seines Solos so gekonnt an Timbales und Cowbells, dass man die Materialisation einer Kuh nicht für gänzlich ausgeschlossen hält. Abschließend teilen sich Küttner und Cortijo abermals die Bühne für ein Duett an Drumset und Cajon. Workshop-Themen sind Afro Drumming (Küttner) und Percussion (Cortijo). Dirk Brand spielt am Roland Kit mit wallender Mähne großenteils zu Kitsch Metal Play Alongs; er hat zwar unbestreitbar technische Klasse, doch ist er aufgrund klanglicher Synthetik nicht unbedingt "brandgefährlich", bleibt doch jegliches synästhetische Empfinden außen vor. Wer mittels Dauergefillsel versucht alle vorhandenen Löcher im tonalen Gefüge zuzuschlagen, mag zwar ein guter Sportler sein, zum trommlerischen Ritterschlag reicht dies indes nicht. (Dass er auch ander(e)s kann, hat er in diversen Clinics bewiesen.) Sein Workshop hat E-Drums zum Thema. Das zweite Drums & Percussion-Duo besteht aus Pete Wrba und Stefan Maass weiß wiederum uneingeschränkt zu gefallen, etwa indem es das Publikum einbezieht und es als Claqueure zwecks Erzeugung eines polyrhythmischen Fundaments nutzt oder zu witzigen Play Alongs spielt. Auch ihr gemeinsamer Workshop "Drums & Percussion" erweist sich als überaus informativ, denn hier geht es anhand von konkreten Beispielen um das Zusammenspiel von Schlaginstrumenten im Bandkontext. Last but not least gibt Germany´s Drum Pope Manni von Bohr sein konzertantes Stelldichein; es handelt sich um ein ostinatogeschwängertes Trommelfeuer von großer Expressivität, das in dynamischen Wogen auf den Rezipienten herniederprasselt und wohlige Wärme verbreitet. Ganz profan ist allerdings das Thema seines Workshops: Snare Drum Tuning. Glücklicherweise hilft der saarländische Akzent von Herrn von Bohr über die trockene Stimmung im Auditorium hinweg und verleiht der Sequenz etwas Beckereskes. Summa summarum ein rundum gelungenes Ereignis! Für die kommenden Jahre habe ich bereits jede Menge Trommler wie z. B. Christoph Haberer (elektro-akustisches Drumset), Hermann Kock und Grant Collins (Solo Drumming), Anandan Sivamani (Indian Drumming) oder Bobby Jarzombek (Heavy Metal Drumming) auf meinem Wunschzettel, die künftigen d&p Seminaren mit ihren Beiträgen weiterhin ein gleich bleibend hohes Niveau bescheren könnten. Nur zwei Dinge sind für einen Schlagwerker noch schöner als diese DVD zu genießen, nämlich bei einem d&p Seminar live dabei zu sein bzw. selbst zu trommeln. Bleibt noch zu erwähnen, dass dieses audiovisuelle Kleinod für weniger als 20,- Euro käuflich zu erwerben ist.

drumsundpercussion.de

Frank Bender



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