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Modern Drummer presents "Drum Nation Volume One" (Magna Carta 2004)
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Das amerikanische Label Magna Carta ist ein Spezialist für Sample-CDs. So wurden dort bereits Tribute-Alben für Genesis, YES oder Pink Floyd und Zusammenarbeiten verschiedenster Musiker angeregt und veröffentlicht. "Drum Nation" ist ein weiteres, aber ganz anderes Album dieser Art. Hier haben Schlagwerker das Sagen, und alle Achtung, da sind nicht nur hervorragende Musiker am Werk, die haben auch - mit eigenen Kompositionen - was zu sagen. Die Songs sind jeweils von verschiedenen Bandprojekten eingespielt worden, wobei das Augenmerk verstärkt auf dem Schlagzeugspiel liegt. Teilweise sind die Songs bereits in anderen Fassungen vorher veröffentlicht gewesen, die 12 Songs dieser CD sind jedoch extra für "Drum Nation" eingespielt worden.
Den Auftakt macht Terry Bozzio. Sein über 8 Minuten langes Stück, das er im Alleingang einspielte, heißt: "A Glimpse Into A Deeply Disturbed Mind". Eine Variation realer Musik auf Techno/Dance-Basis, wozu Terry Drums, Keyboards, Voice, Reason und Sequencing Software benutzt und ein irres, komplexes, vitales Stück entwickelt, das nichts mit herkömmlichem Dance zu tun hat, sondern Avantgarde pur ist. Ein perfekter Beginn, der hohe Qualität erwarten lässt. Gleich drauf folgt Bill Bruford´s Earthwork mit "Beelzebub". Der Song war bereits 1977 auf der ersten Bruford-Scheibe und erhält hier ein neues Gesicht, zum Glück nicht die softe Variante der sonstigen Earthwork, sondern mit ebenso kraftvoller Vitalität wie das Original. Steve Smith And Zakir Hussain geben das nächste Doppelstück. "Mad Tea Time Part 1" ist eine Mischung aus Jazzfusion und Worldmusik, das sehr komplexes Tabla-Spiel auf ansonsten groovigem Rhythmus präsentiert. Part 2 schließt sich nahtlos an, aus dem melodischen Geschehen schält sich ein langes Percussion-Drum-Solo, das langsam aus dem Jazz flieht und in psychedelisch angehauchten Raga taucht.
Chad Wackerman´s "The Spell" ist ein grandioser Jazzrock, der auf einem heftig komplexen Rhythmus basiert und melodisch an die zweite Hälfte der Siebziger Jahre anschließt. Stanton Moore im folgenden "Sprung Monkey" radikalisiert Funk zum Jazz und entwickelt eine mitreißende Stimmung, die technisch perfekt und emotional tief ausgelotet zum Tanzen einlädt, wie hier die Bläser ausholen, und vitale, wilde Läufe spielen, hat weniger mit perfekter Melodik als mit empfundener, lustvoller Hingabe an Musik zu tun. Einfach toll! Simon Phillips macht seinem Namen alle Ehre und spielt mit seiner Band ein kraftvolles, rhythmusbetontes, äußerst lebendiges und kurzweiliges Jazzrock-Stück, das vor Energie sprüht. Josh Freese legt noch einen Stapel Bretter nach und dreht die Gitarren weiter auf. Die Rhythmuswechsel sind berauschend, der harte Rock zieht so richtig kraftvoll in seinen Bann, wenn sich der Jazz-Einfluss auch zurückhält. Rod Morgenstein, der nächste Schlagzeug-Gott, geht dafür wieder voll im ultrakomplexen Jazzrock auf. "Faceless Pastiche" hat er mit Jordan Rudess im Duo eingespielt. Ein wenig Dixie Dregs klingt durch, wenn auch keine Gitarre involviert ist. Anschließend probiert sich ein Schlagzeug-Duo. Tim Alexander und Brain spielen eine Hommage an Zappa. "Shut Up And Play Yer Drums" ist ein düsterer, verschachtelter Song voll dramatischer Wucht.
Erstaunlich, wer sich daran anschließt. Marco Minnemann, der deutsche Schlagzeuger, der seit einiger Zeit ins Jazzrock-Fach wächst und bei verschiedenen Musikern Aufsehen erregt hat. Vielleicht ist seine Teilnahme an dieser Veröffentlichung endlich der Schritt, dass er sich auf Zusammenarbeit mit ähnlich orientierten Musikern einlässt, was bisher an seiner völligen Abschottung und Ignoranz gescheitert ist. Möglichkeiten und Musiker, die ihn brauchten, gibt es zur Genüge.
Ein zweites Schlagzeug-Duo macht den Abschluss. Stephen Perkins und Brooks Wackerman spielen ein virtuoses Doppel-Solo auf komplexer Basis. Beide haben Raum für je ein einzelnes Solo, doch auch das gemeinsame Spiel ist ungemein beeindruckend und druckvoll (das als Rhythmusbasis für eine Rockband - idealer kann´s nicht sein). "Drum Nation" ist eine fabelhafte Veröffentlichung, die nicht nur für Schlagzeuger interessant ist. Zwischen Hardrock und Jazz-Fusion findet so ziemlich alles statt, was interessant ist, stets auf hohem künstlerischem und hinreißend interpretiertem Niveau, stets komplex und anspruchsvoll, voll erschöpfend und befriedigend. Sehr gutes Album, das unbedingt empfohlen sei.
magnacarta.net
terrybozzio.com
billbruford.com
vitalinformation.com/steve
vitalinformation.com/zakir.html
chadwackerman.com
stantonmoore.com
simon-phillips.com
joshfreese.com
rodmorgenstein.com
marcominnemann.com
stephenperkins.com
VM
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