Garry Dial & Dick Oatts "That Music Always Round Me" (BCM+D Records, Herbst 2014)


Mit dieser Produktion ist ein ganz besonderes Werk entstanden. Garry Dial (sax, fl) & Dick Oatts (p) komponierten das 15 Tracks und 2 CDs umfassende Album, das die Texte des amerikanischen Dichters und Schriftstellers Walt Whitman, die zeitlosen Bezug haben, wie die beiden Komponisten (nicht allein) meinen, in die heutige Zeit transformiert.
Das geschieht unter Einbeziehung zweier Chöre und etlicher Jazzmusiker. Stilistisch bewegt sich die eingängige, relativ sanfte Produktion zwischen Vocal Jazz wie ihn die Swingle Singers erschufen, klassischem Gesang im Jazz-Arrangement, Jazz-Oper, Gospelchor, Soul, bis hin zu Duo-Gesang wie ihn Simon & Garfunkel in den Sechzigern arrangierten, vokal, nicht instrumental.
Modern Jazz, Fusion, Jazzpop bis Electro Jazz im überwiegend modernen Jazzgewand behandeln die instrumentale Strecke. Wenn die instrumentalen Strukturen auch eher eingängig und lyrisch gehalten sind - die Chorarrangements, die Richard DeRosa schrieb, sind dies beileibe nicht. Es gibt durchaus instrumentalen Jazz zu hören, doch die ausführlichen Solo- und Chorgesänge sind die Hauptattraktion der Produktion.
Der Temple University Concert Choir, das Temple University Vocal Jazz Collective und die New York Studio Vocalists bestreiten die Chöre, alle Mitarbeiter sind im Innencover angegeben, zudem, welcher Sänger in welchem Song welche Solopassage bestreitet.
CD1, 60:03 Minuten und 8 Songs lang, enthält Modern Jazz, funky Fusion (mit partieller Pianomotiv-Orientierung auf Chick Corea), Jazzpop sowie Electro Jazzpop als instrumentale Basis für Solo- und Chorarrangements. Auf der zweiten CD, 7 Songs und 43:40 Minuten lang, geht es instrumental modern zu. Der Modern Jazz hat zuhöchst einige Fusion-Inlays, weitere moderne oder zeitgeistige Arrangements sind hier nicht zu finden. Wenn die instrumentale Basis, und für viel mehr reicht sie nicht, eher leichtgängig ist, sind die Strukturen doch wenigstens so reich und interessant, dass nichts billig oder zu schlicht klingt. Die instrumentale Basis macht Spaß, weil sie den Gesang im Kleinformat großartig unterstützt.
Im Booklet wird anhand zweier Essays der Projekt-Komponisten Oatts & Dial erläutert, warum Walt Whitman in heutiger Zeit seinen unverlorenen Wert besitzt und warum sowie wie sie diese ihre Idee umsetzten. Die zweite Hälfte des Booklets ist den Texten gewidmet, die Chor und Solosänger interpretieren.
Gewiss ist die Gesamtstruktur der Songs beeindruckend, doch vor allem sind es die Chöre, die Richard DeRosa so ungemein kraftvoll, dynamisch und jazzmelodisch arbeiten ließ. Wenn die Swingle Singers, als Vergleich, klassische Musik in Jazz umsetzten, setzen die Arrangements auf "That Music Always Round Me" auf Jazz im Vokalstil der Swingle Singers. Der Fortschritt ist deutlich, gerade in solchen Momenten, wenn historische oder religiöse Strukturen eingebaut werden, etwa Gospel, Gospel-Oper oder Jazz-Oper-Gesang.
Doch zuerst: hört euch den Opener "Poets to Come" an. Rockgeprägte Hörer könnten sagen: Crosby, Stills & Nash singen Jazz. Doch nur in der ersten Nuance. Dann folgen ganz andere Töne. Wie Piano, männliche und weibliche Solostimme samt Chor arrangiert sind, ist preisverdächtig. Grandios allein dieser Song. Und das sind nur sechseinhalb Minuten von über 100 Minuten. Die Chor-Arrangements sind so reich und großartig komponiert und eingesungen, dass nur das beste Prädikat für die Gesamtproduktion vergeben werden kann. Selbst die Electro Funk Passage "To A Pupil" mit elektrischem R&B Rhythmus (ohne 4/4 Betonung, sondern auf Jazz-Rhythmusbasis) ist großartig.
Walt Whitman-, Jazzchor-, Vokaljazz- und Jazzfreunden sei "That Music Always Round Me" nur unbedingt empfohlen. Will ich nicht missen.

garrydial.com
dickoattsmusic.com
cdbaby.com
VM





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