Deluge Grander "August in the Urals" (Emkog Records 2006)

Deluge Grander ist ein neues Projekt der beiden Cerebus Effect Musiker Patrick Gaffney (dr) und Dan Britton (key, voc, g), die sich für die 5 Songs ihres Debüts "August in the Urals" mit diversen Musikern umgeben haben.
Die Vorgängerband Cerebus Effect fiel wegen ihrer hektischen, aufgeregten Songs auf. Der symphonische Progressive Rock fällt mit der Tür ins Haus und hört nicht auf, extrem komplexe und fordernde Motive nervös und krass zu spielen. Ganz anders Deluge Grander. Zwar hat auch dieses Projekt es faustdick hinter den Ohren und kann, wenn die Aufregung der Stimmung es zulässt, heftig und bombastisch hart dreschen. Zumeist aber entwirft die Band symphonischen Progressive Rock der harmonischen Art, Old School.
Das 27-minütige "Inaugural Bash" eröffnet den Reigen. Nach 7 lyrischen Minuten, in denen traumhaft komplexe und grandios erdachte Harmonien eröffnen, flippt die Band das erste Mal aus. Um es im Klischee zu sagen: es hat was von Genesis und YES, und auch wieder nicht. Klingt aber aus deren klassischer Phase inspiriert. Dabei geht die Band nicht weichgespült vor, sondern hat einen Blick für ausgefallene und ausdrucksstarke und auch deutlich schräge Ideen. Stets, füge ich beruhigend ein, bleibt es symphonisch und "progressiv", ohne einen stereotypen oder pseudoinspirierten Eindruck zu machen.
Die Jungs wissen, was in der heutigen Prog-Zeit nicht alle wissen: was der Hörer schon hatte, will er nicht noch tausendmal und jedes Mal einfacher und billiger haben, sondern wenn diese Spielart, dann ausgefeilt, extravagant, komplex, vital und vor allem: komponiert, das man von Komposition überhaupt sprechen kann!
So lang der Song, so überzeugend ist er. Da gehen engagierte Themen ineinander auf, baut sich eine große Harmonie, von komplexem rhythmischem Unterbau und düsterem Klang. Piano und Keyboards vor allem haben das melodische Sagen, Gitarre, Saxophon, Trompete, Flöte und Xylophon sind partielle Begleitinstrumente. Die Songs sind weitgehend instrumental, wenig Gesang findet statt. Die Motive haben damit allen Raum, sich komplett auszubreiten und ihre volle Pracht zu entfalten. Der 16-minütige Titeltrack ist deutlich schlichter als der erste Track und wird im späteren Teil gar etwas blumig. Im Vergleich zum allgemeinen heutigen Symphonic Prog immer noch überdurchschnittlich, weil harmonisch komplex, ist die Idee nicht so aussagekräftig wie die erste. Zudem meint es das Keyboardensemble etwas zu gut und schmachtet mit voller Dicke sphärisch dahin. Bass und Schlagzeug hingegen sind großartig bei der Arbeit.
"Abandoned Mansion Afternoon", die folgenden 12 Minuten, malen wieder düsterere Farben. Die Seiten im Booklet, ganz ohne Text, sind gemalten Bildern vorbehalten, zumeist recht schlichte und naive Motive nicht ohne Kitsch, dafür mit wenig Kunst, sind da zu sehen. Jeder Song hat seine Seite, sein Bild. Die Musik entspricht den Bildern nicht und ist glücklicher Weise erheblich besser. Gerade die etwas undurchsichtige Struktur des dritten Stückes mit seinen schweren, disharmonischen dunklen Sounds wühlt auf, also Booklet wegschmeißen und Augen zu beim Hören.
"A Squirrel" ist ein aufwendiges Thema in der Art früher Genesis-Stücke, nicht sehr heavy, nicht harsch, etwas blumig und lieblich, aber auch von einiger Disharmonie und vielschichtiger Struktur. "The Solitude of Miranda" zum Schluss bringt etwas folkloristische Struktur ein. Im symphonischen Schönklang geht "August in the Urals" zu Ende, ein wohldurchdachtes progressives Werk von kompetenten Musikern kraftvoll, düster und sensibel eingespielt. Tolle Musik, nur zu empfehlen!

delugegrander.com
VM



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