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daal "Dances of the drastic Navels" (Agla Records 2014)


Nach dem 2012er Erfolg "Dodecahedron" legt das italienische Duo daal ein neues Album vor, das sich hören lassen kann. Alfio Costa (keys, Samples, noises) und Davide Guidoni (dr, pec, Gongs, Octobans, Samples) waren vom Erfolg "Dodecahedrons" so überrascht, dass sie sich fragten, wie sie die Zukunft nun angehen wollten und hielten stetig Kontakt via Skype. Beide begannen, neue Songs zu schreiben (von denen einige Ideen Teile der Songs auf "Dances of the drastic Navels" wurden). Doch Alfio Costa, Hauptkomponist, der auch für das neue Werk quasi alle Songs selbst schrieb, teilweise von Davide Guidoni durch Ideen und Ergänzungen unterstützt, bemerkte, dass er eine Auszeit brauchte. Ein Freund bot ihm sein Ferienhaus für ein Oktoberwochenende an. Das Haus liegt in wunderbarer, einsamer Natur. Ein, wie Alfio schreibt, wunderbarer, isolierter Ort. Perfekt. Die Atmosphäre war still am Tag und überraschend schwarz und leise bei Nacht (für den Licht und Lärm gewohnten Städter). Der äußere Einfluss war so positiv, dass alle 5 Songs an den zwei Tagen in der Naturidylle geschrieben wurden. Spätere Verfeinerungen und Ergänzungen folgten. Aber im Grunde waren diese zwei Tage im Oktober entscheidend für die Struktur des gesamten Albums.
Der 10 Minuten lange Prog-Stampfer "Malleus Maleficarum" hat ein sattes, eingängiges Motiv, das enorm flott vorangeht. Sehr kurzweilig anzuhören, geht der Retroprog gut ins Ohr und kann auch nach mehrfachem Abspielen immer noch Überraschungen offenbaren. Mit "Elektra" und "Lilith" folgen zwei kürzere Stücke, die zwischen ambienter Elektronik, ethnischen Motiven und progressivem Thema sehr inspiriert und überzeugend sind. Angenehm ist die rein instrumentale Struktur, da wird kein Spielraum für weniger interessante Gesangsarrangements verschenkt. Die verspielten elektronischen Sounds haben allen Raum; sanfte Lyrik und schwerer Rock ergänzen sich flüssig ohne Unterbrechung.
Und dann der Mittelpunkt des Albums. 23:50 Minuten läuft der Titeltrack. Ebenso rein instrumental, mit lautmalerischen gesampelten Stimmen, die dem witzigen elektronischen Anteil fabelhafte Ergänzung sind, arbeitet sich ein retroprogressives Kleinod aus, das, typisch daal, nicht auf extreme Komplexität, sondern auf symphonische Muster setzt. Nicht nur hier sind die Gäste Ettore Salati (g), Bobo Aiolfi (b) und Guglielmo Mariotti (voice) beteiligt, doch vor allem hier. Das Thema lässt sich Zeit zur Entfaltung. Da sind Phasen, die wie Endsechziger Krimimusik wirken, düstere Motive auf Basis der elektrischen Gitarre und schwere Keyboardsounds sowie dramatisches Piano, die den spannenden Track so locker ausbauen, dass die Atmosphäre stets sehr kurzweilig bleibt. 24 Minuten können angenehm kurz wirken!
Die Ausnahme ist das abschließende "Inside You", von der Norwegerin Tirill Mohn (Prowlers) gesungen. Hier wird es sehr lyrisch. Das eingängige Pianomotiv wird von sanftem Bass und hochmelodischer Violine begleitet. Eine entspannt laszive Atmosphäre breitet sich aus. Als Bass und Schlagzeug einsetzen, hat die Ballade typisch retroprogressives Flair, das dicht an Pop ansetzt, ohne zu Kitsch oder gar Schlager zu mutieren. Dennoch halte ich, aus musikalischer Sicht, den letzten, zwar interessant arrangierten Song für die leichte Muse des Albums. Könnte ein Hit werden. Mir persönlich sagen die instrumentalen Tracks weitaus mehr zu. Trotzdem sehr hübsch.
Mit dem 51:26 Minuten füllenden "Dances of the drastic Navels" ist daal wiederum ein ansprechendes, unterhaltsames und dabei sehr kurzweiliges Album gelungen, das zwar die absolut hinreißenden Themen und Ideen vermissen lässt, aber mit verblüffend schmissigem, eingängigen Retroprog aufwartet, der keineswegs zu schlicht ist. Die komponierte Basis ist kaum erheblich komplex, aber was im Detail steckt, spricht enorm an. Zwar bleibt, wenn das Album durchgelaufen ist, erst einmal wenig zurück. Doch mit den Durchgängen wächst das Album wie ein jeder einzelne Song. Und, gut, Tirill Mohns Gesang im letzten Track wie die gesamte Ballade nehmen mich zuletzt so ein, dass ich das Teil andauern hören will - - -

daal.bandcamp.com
VM



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