Daal "Disorganicorigami" (Mellow Records 2009)

Davide Guidoni (Taproban, The Far Side, Gallant Farm, Nuova Era, Ozone Player, dr) und Alfio Costa (Tilion, Prowlers, Colossus Project, Dark Session, key) haben mit Daal ein Projekt entwickelt, dass ihre Vorstellungen von experimenteller, freier Komposition in der offenen Weite zwischen Electronic und progressiver Rockmusik aufmachen soll. Einige Gäste besetzen die Positionen an elektrischen Gitarren, Stick Bass, elektrischer Violine, türkischem Saxophon, Oboe, Klarinette, Bass (Fabio Zuffanti), Flöte, Cello, Viola und Sopransaxophon und (lautmalerischem) Gesang - sie selbst spielen ein großes Ensemble an elektrischen, elektronischen und akustischen Perkussions- und Tasteninstrumenten, und ja, Mellotron ist auch dabei.
Im sphärisch-druckvollen Opener "Holocaustica" geht es schon mal deftig zur Sache, als würde das Duo einen gewaltig energischen Druck zwischen metallischer Rhythmusvertracktheit und ambienter Klanglandschaft aufmachen wollen. Die weiteren Songs haben immer wieder einmal ambiente Ströme wie ebenso auch metallische Härte. Nichts stereotyp, was Komposition. Daal sind schnell als Part des modernen Progressive Rock zu erkennen und erfüllen die geliebten Kriterien (ohne dabei besonders komplex vorzugehen), wissen mit untypischen Klängen, auch was Komposition betrifft, Aufmerksamkeit einzufordern. Ihre Songs haben Flair und Charakter, es gibt hier und dort experimentelle Atonal-Frakturen, was sehr gut wirkt, denn einige Stücke, etwa das fünfminütige "Chimaira" sind zwar kraftvoll und energisch, aber doch nah an dem, was zwischen Prog Metal und Symphonic Prog so allgemein passiert. Abgedrehte, avantgardistische Passagen, Themen und Ideen brechen das typische Korsett beständig auf und machen die Songs frei, als würden Ummagumma-Pink Floyd, avantgardistische Neutöner und neoklassische Elektroniker ihre kompositorische Inspiration ins Duo vererbt haben.
Angenehmer Weise ist der Sound erstklassig. Die Songs kommen erstaunlich druckvoll aus den Boxen und wissen ihre verschiedenen Facetten gut auszuleuchten. Worldmusic-Einflüsse blubbern in den elektronischen Lavaströmen. In den instrumentalen Songs gibt es unzählige Ideen zu entdecken, was jedes Hören mit neuen Entdeckungen und Überraschungen erfüllt.
In aller ausgefallenen Extravaganz bleiben Daal doch stets gut nachvollziehbar und (relativ) melodisch, nach abstrakten Strecken folgen melancholisch schöngeistige Motive mit klassischem Instrumentarium oder dynamischer Rock. Als Bonus gibt es einen gar poppigen Symphonic Track, auf dessen grooviger Rhythmusbasis, von Schlagzeug, Bass, Pedals und Mellotron erzeugt, lustige Synthesizer-Figuren sich schmeichelhaft bewegen. Niedlich, aber nicht schlimm.
Schönes Album. Ausgefallen, (leider) nicht zu schräg und sehr stark im Klang. Wenn man so will ist das Impressionismus, wie der meiste Bombast im Progressive Rock.

myspace.com/daalband
VM



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