Crystal Breed "The Place Unknown" (Listen To Your Heart Records 2011)

Oops, das geht gut ab. Crystal Breed verblüffen mit ihrem Debüt von Anfang bis Ende. Das facettenreiche Werk ist eine äußerst positive Überraschung. Die ersten Hördurchgänge wurden von den einfachsten Song-Partikeln festgemacht, den Popbestandteilen, die das Album durchaus und nicht wenig hat. Doch bald schon kristallisiert sich der erstaunlich komplexe, raffiniert und klug, mitreißend und immer wieder überraschend komponierte Sound in seiner ganzen Dichte heraus, seiner tiefen Lyrik, spontan aufbrechenden knochentrockenen Rockhärte, die hier und da fast ins Metallische schneidet, den schöngeistigen, lieblich bestimmten Harmonien, dem druckvolle Bombast im symphonischen Erbe mit dezenter Alternative-Lancierung. Alles ist sehr flüssig arrangiert, geht schnell ins Ohr, hat Prog-Notenfülle, hinreißend und manchmal zum schmunzeln (weil so schön Old School) animierenden Chorgesang, dessen Urerbe schon mal Beach Boys gehört hat und 70er Melodic Rock innig liebt, etwa Ambrosia, ein kluges und raffiniertes Vorbild. Indes ist der Sound Crystal Breeds deutlich moderner, als Vergleich kommen IZZ aus New York nahe, deren Mix aus eingängigem, modernen Sound und progressiver Verspieltheit für Qualitätsmaßstäbe sorgt. Indes hat der Klang hier und da einige Makel, was die Songs jedoch nicht beschädigt. Die Songs machen Laune mit wundersamem Chorgesang, gutem Sologesang auf coolen Gesangslinien und treiben so gut voran, dass nur bleibt, sich vor die aufgedrehten Boxen zu begeben und reinzuspringen.
Hier und da, das muss doch gesagt sein, sind ein paar lustig bekannte Sounds zu hören, die in der Vorzeit der Rockmusik, den Sechzigern und Siebzigern aus Musikerköpfen auf Band-Alben wanderte, da sind etwa Ideeparallelen zu Deep Purple, Uriah Heep, den Ungarn Omega - gewiss einiges mehr. Nix geklaut, vielleicht gar unbewusst, gut verbaut und neu entflammt. Für alte Hörer zum Schmunzeln nett, wie manche moderne Schrammelpartie ungewohnt. Die Alten werden weniger mit den schmucken Balladen anfangen können, wie mit "Move", da ist nix blöd, aber doch mächtig Pathos, und das hatte die Vorzeit auch längst genug. Nix doof: gut. (Und geiles Gitarrensolo!)
Die beste Idee sitzt in "The Place Unknown", überhaupt ein rattenscharf cooler Song, der ganz am Ende mit den Oberton-Uriah Heep/Omega-Keyboardschwabbeln im Off überrascht: ganz 70s! Beste Idee: im knackigen Song wird es akustisch lagerfeuerhübsch, und als noch 2:30 Minuten übrig sind und der Sänger im Hallnebel verschwindet, setzt die Metalgitarre satt ein. Diese Stelle hat es in sich, etwa wie die, die Led Zeppelin in "Whole Lotta Love" nach dem Psychedelic-Freakout präsentieren, ganz anders sicher, aber mit verwandtem Überraschungsgeist.
Coole Platte! Anhören:

crystalbreed.com
VM



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