Contemporary Dead Finnish Music Ensemble „Dark Matters“ (Simulacrum Records 2014)


Skandinavien, ein Subkontinent, in dem sich Ren und Elch gute Nacht sagen? Es sollen sogar schon Renn-Elche gesehen worden sein. Des weiteren muss man selbst als gestädlerter Waldorfer zugeben, dass aus Skandinavien immer wieder sehr guter und origineller Prog-Stoff kommt – ein skandierender Skandal? Nein, eher ein skandi-navi-gierendes Phänomen. Dieses Album erinnert mich bisweilen an die leider verblichenen bzw. zombiesken King Crimsom (Ich glaube entgegen allen Beteuerungen erst daran, dass die Kamin-Könige noch leben, wenn ganz neue Töne aus dem Schornstein geblasen werden!) und Gentle Giant oder an aktuelle Bands wie Diablo Swing Orchestra und Thieves' Kitchen. Der Rundling ist aber beileibe kein Plagiat, weshalb die Skandinavier weder in Teufels Küche kommen noch mit Peter Greenaways Film-Protagonisten Koch, Dieb, seiner Frau und ihrem Liebhaber in einen Raum gesperrt werden. Zu dem wohl klingenden Hybriden gesellt sich bei der Mehrzahl der Stücke ein wunderbar angejazzetes Saxophonspiel. Die Mannschaft - Frau, schau wem - wird stimmlich in vielen Facetten von Katja Sirkiä, Mikko Jokinen, Minja Aho und Leevi Pesonen repräsentiert; die Instrumente werden von Janne Murto (Tenor Saxofon), Antti Pesonen (Gitarre, Keyboards, Programming und Soundscapes), Pate Kivinen (Hammond Orgel, Moog und Minimoog), Qumma (Warr Guitar), Eero Uurtimo (Bass) sowie Tuomo Lassila (Drums und Percussion; nebenbei bemerkt ein Gründungsmitglied von Stratovarius) äußerst versiert betätigt. Mit Neo Prog aus dem Musikkonserven-Supermarkt hat diese Scheibe außer manchen schöngeistigen Gesangslinien und Melodiebögen so ziemlich nichts gemeinsam. Quasi als Gegensatzbezug sind wieder und wieder schräge und teilweise sogar leicht dissonante Passagen eingebaut – geplante tonale Obsoleszenz. Findet Neo: Fehlanzeige! Für den einen mag des schade sein, den andern tut des aber riesig frein. Glücklicherweise bin ich in diesem Falle der andere und kann mich auch am Textkonzept, das die dunklen Seiten des Homo sapiens sapiens thematisiert, ergötzen, denn nur wenn man mit seinen Schatten konfrontiert wird bzw. dies selbst tut, kann man diese transzendieren. So lautet denn auch der Slogan der Band für das Album „Dark Matters“ ex umbris ad lucem - dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass die CD mit zweiundfünfzigeinhalb Minuten viel zu schnell vorbei ist und hoffentlich bald die nächste Scheibe erscheint.

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Frank Bender




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