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Circuline "Return" (Eigenproduktion 24.04.2015)


Macht den Eindruck, als seien die Leute, die sich hier zur Band Circuline zusammengetan haben, alles andere als unbekannte Neulinge. Mal sehen, ob ich alles zusammen bekomme.
Andrew Colyer (keys, voc), studierter Musiker, spielte mit Tony Levin (dem von Peter Gabriel und King Crimson, nicht dem Jazzmusiker), mit Jon Anderson, The Tubes - und einer langen Liste nicht ganz so schrecklich bekannter Musikern/Bands/Projekte. Wie im Rock, ist er im Jazz zuhause. Die Liste der Musiker ist hier nicht kürzer. Er komponiert€ für Funk und Fernsehen und ist im Prog-Genre schon eine Weile unterwegs.
Bill Shannon (lead g, voc) spielte als Teenager in La Villa Strangiato Rush-Cover, studierte Graphikdesign, arbeitet als Musiker und Maler. War Gründungsmitglied der Progband Downing Grey und spielte in den 1990ern in der Alternative Band LID.
Darin Brannon (dr, perc) stieg aus der Marching Band aus, um Cream und Pink Floyd zu covern, lernte das kennen, was sich hinter ‚Prog' verbarg und wurde süchtig. Seine 20er und 30er Lebensjahre waren in musikalischer Hinsicht eher frustrierend, obschon er eine Menge Musiker kennen lernte. Schließlich ging er nach Cleveland zurück, eröffnete eine Galerie und organisierte Konzerte. Unter anderem spielte er mit Crosby, Stills & Nash und Jerry Garcia (RIP). Später ging er nach New York, traf auf Chad Wackerman und wurde besserer Schlagzeuger als Pianist. Auf YouTube fand er Downing Grey, kontaktierte die Band und wurde schließlich deren Schlagzeuger. Jetzt, mit 45 Jahren, übernahm er die Sticks für Circuline.
Natalie Brown (lead voc) ist ausgebildete und wohlgeübte Sängerin, die als Mitglied einer Künstlervereinigung zahllose Engagements übernahm. Das Repertoire reicht dabei von Musicals über Jazz, Pop und Rock. Sie sang ‚Evita', coverte Stevie Wonder und Joni Mitchell und gründete ihre eigene Band ‚Natalie Brown and Friends', mit der sie die USA hoch- und runtertourte.
Paul Ranieri (b) - typisch Bassist, hält sich im Background auf und gibt keine Geheimnisse preis.
William ‚Billy' Spillane (lead voc) ist wie sein weiblicher Gegenpart Schauspieler, Tänzer und Sänger. Mit Genesis und Yes aufwachsend und früh Prog-süchtig, zudem mit einem natürlichen (und ausgebildeten) hohen Tenor ausgestattet, ist es ihm leicht, hohe Noten zu singen. Die letzten sechs Jahre stand er am Mikro der Led Zeppelin-Coverband ‚No Quarter', seit Downing Grey ist er in der Band.
Aus Downing Grey wurde Circuline und unter Mithilfe einige Gastmusiker entstand das Debütalbum "Return". 8 Songs sind drauf, zusammen 40:16 Minuten Spielzeit gibt es zu hören.
Insgesamt zum melodischen Progressive Rock tendierend, lyrische Songs und sensibel schöngeistige Songs spielend, kann das Prog-Sextett mit Idee und handwerklicher Finesse so einige Markenzeichen setzen. Auf den ersten Blick beziehungsweise in den ersten Hördurchgängen will sich erst eine etwas sehr leichte, oberflächliche Spielart zu erkennen geben. Das liegt am eingängigen, liedhaften Opener, der als Titelsong vor allem in den Gesangsarrangements geübte Progohren definitiv unterfordert. Doof ist das, was die sechs Zirkuskinder anbieten, deshalb keineswegs.
Gleich der zweite Song steuert gegen die allzu leichte Note und präsentiert eine raffinierte, schön melancholische Idee. Zwar wirkt das Schlagzeugspiel etwas leger und technisch unteraktiv, ist aber sympathisch. Die instrumentale Idee hat nur drei Minuten und ist sehr kurzweilig. Das dritte Stück heißt "Stereotypes" und macht mit dem eröffnenden Riff seinem Namen alle Ehre. Das löst sich schnell auf und ein hübsches Melodic Rock Motiv mit toller Gesangslinie folgt. Eingängig, poppig, aber nicht blöd. Gleich drauf ist ein weiteres symphonisches Instrumental dran, wieder sehr kurz. Coole Idee. Und: Melodic Rock again. Sehr ansprechend, obwohl mit Weichspüler gewaschen. Gut komponiert.
Weitere ausgefallene und äußerst bemerkenswerte Instrumentalarbeit schließt sich in zwei Songs an, wobei der vorletzte Song zuletzt ordentlich schräg atonalisiert. Das mit 7:27 Minuten längste Stück am Ende der CD will im Gesang fast Schlager sein, sehr schmalzig und übersüßt. Als der Gesang absolviert ist (lange braucht sie dazu nicht), wird es erneut sehr interessant. Das Solo der elektrischen Geige gefällt mir besonders gut. Das Schlagzeugspiel (und der Sound der Schließbude) sind nicht so exquisit, aber die fast verblüffende instrumentale Entwicklung durchaus. Kurz vor Schluss gibt es noch einmal Damengesang, was als Ausklang nicht so perfekt ist.
Circuline haben Charakter und Stil. Ihre instrumentalen Einfälle samt handwerklicher Umsetzung dürfen weitaus mehr Spielraum bekommen. Der Schlagzeuger muss an sich arbeiten, der Klang des Schlagzeuges ist mau. Der Gesang der Dame bringt die Band in leichtes Fahrwasser, die männliche Stimme führt ebendort hinaus. Mit 40 Minuten und ebenso Schatten wie Licht ist hier so einiges Gute wie Zähes/Überflüssiges zu hören. Historisch bedingt interessant, bin ich froh das Album zu kennen. Wäre ich der Bandboss, würde ich die Crew in Klausur schicken, die originellen und raffinierten Ideen extrahieren, komponieren und jammen bis das letzte Haar den Boden erreicht und Album numero 2 weitaus instrumentaler ausbauen.
Geübte Progfans werden partiell unterfordert sein (und stellenweise überfordert: Toleranz), aber auch ihre kleinen, bemerkenswerten Wunder erleben.

CirculineMusic.com
justforkicks.de
VM



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