Circle of Illusion "Jeremias - Foreshadow of Forgotten Realms" (Generation Prog Records, 09.09.2013)

He, die CD ist 79:59 Minuten lang! Und wie das (nicht wohl gelungene) Cover vermeint, bei "Jeremias" handele es sich um ein typisches Gothic Metal Werk, das eher Operette als krasse Rockmusik ist, befürchte ich ausgedehnte Langeweile. Doch nix da! Die Scheibe ist kurzweilig und macht Laune, trotzdem sie so viele typische und vielfach gehörte Bestandteile aufweist, die Prog in seinen Allgemeinplätzen so innehat.
Das Prog Musical ist gut komponiert, schmettert instrumental großartig ab, hat Stimme - sprich gute Sänger, wenn Mike Patton auch nicht von der Partie ist, so doch sein ironischer Schatten - und Circle of Illusion wagen Stilbruch - zum Disko-Funk. Es gibt nichts, was es nicht gibt, gibt es nicht?!?
Eben noch rockt die Kapelle schön locker und herzhaft, da kommt Gesang und Story und im Zuge dessen funky Diskopop mit Mädchen-Yeah-Yeah-Yeah. Hat hier einer was vertauscht? Doch da rocken die Jungs schon wieder. Manchmal gerät so ein Arrangement schon mal in Computerspielklangwelt oder mutiert zu Hollywood-McSound. Aber stets bleibt die Chose sympathisch und witzig. Zuerst, glaube ich, liegt das an Gerald Peters (Chef und Keyboarder) kompositorisch guter Idee, zum anderen daran, dass die Band kernig rockt, ohne sich um Wetter und Zeit zu kümmern. So dürfen im zweiten Track "Beginning" (nach der Ouvertüre) Disko-Funk, Jazz-Fusion-Metal, Hardrock, Melodic Prog und Rockoper verschmelzen, dass es eine Freude ist. Und der Diskoanteil ist marginal.
Zur Story möchte ich hier eigentlich nix sagen, wenn es erlaubt ist. Doch sei gesagt, dass ich das Album nur ein einziges Mal mit Booklet (samt Text) gehört habe, ansonsten ohne Lesen lauschte. Die Story entspricht in etwa typischen romantischen Abenteuer/Action-Fahrplänen, wie sie das bunte Kinoprogramm aus Hollywood schick krass und dramatisch mit Herzschmerz und Gut/Böse so drauf hat, nicht schwarz/weiß, aber längst nicht Literatur, sondern Popcorn. Nett, ohne blöd zu sein.
Und doch machen die Gesangspassagen gute Figur. Was die verschiedenen Sänger/Charaktere wie singen, hat Stil und ist mitreißend, unterhaltsam. Das bringt dem progressiv komplexen Metal/Rock/Romantik-Sound viel Mainstream-Potential, macht die Songs leichtgängig und einfach nachvollziehbar. Zudem, was an Brutalmetal und Sonstwie-Krach in Hollywood-Schinken für abgehärtete Mainstream-Ohren sorgte und sorgt, bringt mit sich, dass immer lautere Musik aus dem Rock- und Metalbereich stets weiter in Familie und Alter wächst, dass, wäre dies hier ein schicker dicker bunter Film, Oma und Enkel wohl unterhalten sein würden. In aller Pop-Opernhaftigkeit ist "Jeremias" immer noch ein taffes Prog-Werk mit rasanten Instrumentalfahrten und bombastischem Schöngeist, in dem Klischees und Außergewöhnliches ineinanderverwoben sind, dass nur zurücklehnen und schmunzeln bleibt.

circleofillusion.com
generation-prog.com

VM




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