Chato! "Prog Fusion with Balls" (Wave Men Records 2015)


Chatos Album ist fertig! Und es ging schon einige Male durch meine Boxen. 11 Tracks sind drauf, davon ein Intro, welches ich bald skippte und zwei als Bonusdreck getitelte Stücke. Wenn man so will, ist das fast rein instrumentale Album ein Konzeptwerk. Thema: Honktorius hat einen total versauten Musikgeschmack, wird gefesselt und muss sich in der Folge das Album anhören. Und das läuft so richtig schnell durch. Die 45:02 Minuten Spielzeit sind sehr kurzweilig und voll von zuerst prolligem und alsbald musikalischem Humor. Chato Segerer ist Gitarrist und hat alle Songs selbst geschrieben (bis auf den vierten Track, der im Trio entstand, der Kernbesetzung). Doch Chato spielt nicht nur Gitarre, sondern allerlei Instrumentarium: Keyboards, Schlagzeug, Bass, Slide Whistle, Synthesizer, Gitarrensynthesizer und Piano. Er ist Lead- und Chorsänger, und "Damon". Adrian "Ad Man" Müller (Ed, b) und Sebastian Berg (dr) sind die Basisergänzung. Das klassische Rocktrio spielte einige der Albumtracks zusammen ein. Daneben sind noch so einige weitere Musiker aktiv geworden. Etwa Sophie Lefeber als Sängerin, Marco Zügner (as), Dave Tiedtke (keys, synth), Jovana Wolf (perc, Glockenspiel), Christoph Lange (synth solo) und Isabel Rößler (b). Ist alles im Booklet nachzulesen. Nicht nur dies, die Story zu den Songs gibt's auch zu lesen. Alles in englischer Sprache. So ein paar Thank you's sind da auch zu finden und da setzt Chatos Musikgeschmack an. Jede Menge Inspiration steht in bekannten Namen nachzulesen da herum. Ich picke nur mal die heraus, die relevant sind, um sich stilistisch in "Prog Fusion with Balls" wiederzufinden: Mike Keneally, Steve Vai, Frank Zappa. Die Spannweite reicht von ELO bis Mr. Bungle, von Koenji Hyakkei bis Alice Cooper und Zappafernes wie Panzerballett (auf der einen Seite) und Knorkator (auf der anderen) ist ebenso verewigt wie begnadete Meister (Ron Jarzombek) und eher Unbekanntes (Poppy Street, Dirty Loops).
Musikalisch bewegt Chato sich, wie der Titel schon sagt, im Prog Fusion. Es geht jedoch nicht lahm und wissenschaftlich zu. Hier wird gerockt. Kaputt Komplexes trifft auf Funky Eingängiges, allerhand Verrücktes geht in schrägsten Gitarrensoli auf. Macht Spaß, der Sache zu lauschen.
Doch der Reihe nach.
Das Intro, 1:22 Minuten lang, wird wohl alsbald Opfer der Fernbedienung. Hier findet die Story ihren (erst groben) Ausgang samt Fesselung des Nixmusikopfers. Mit "Pulse-Hit" (3:44) startet der eigentliche Reigen. Der (einzige) Track mit Text ist Tim Smith gewidmet, hat schrägen Cardiacs-Charakter mit punkigem Schreddern und entsprechendem Text. Cooler Track, der schon mal gut losackert, in einem Werbe-Jingle-artigen Part umstöpselt und zu punkigem Jazzrock samt krassem Tastensolo mutiert.
"Silverliner" (6:29) und "Chicksy Dicks" (4:51) schwenken fabelhaft ins Zappaeske um, ackern in lässig groovigem, komplex schrägem Jazzrock mit unzähligen schrägen und abgefahrenen Inlays. Die Songs wirken roh und ungeschliffen, direkt und hart, schön kantig und lebhaft. Die sich anschließende "Intermission" (mit Sprechtext) führt die Story weiter und entlädt sich in ein schick schräg verrücktes Musikgemetzel im Stil von Zappas "What Ever Happaned To All The Fun In The World" ( auf ‚Sheik Yerbouti'), das einerseits sehr nah an genanntem Titel ist, andererseits einfach gut funktioniert und Spaß macht. Und mit 1:31 Minuten ganz schön zu kurz ist.
"Inner Peace" im Anschluss läuft über neuneinhalb Wochen, Quatsch Minuten und ist wohl der heimliche Höhepunkt des Albums. Schön abgefahrener Jazzrock mit großartigem Thema. Spätestens jetzt weiß der geneigte Zuhörer, welchem Musikgott Chato den überwiegenden Tribut zollt: Frank Zappa. Das geht in "Overture to Suzy Speedfreak" (2:00) schon im Namen weiter. Das Piano-Solostück mit melancholischer Note ist lyrisch nachdenklicher Art und entführt den Hörsinn zu entspanntem Schweben mit handwerklich exzellenter Finesse.
Im Anschluss gibt die Suzy Speedfreak in ihrer "The Story of Suzy Speedfreak Acts I, II & III" ordentlich Gas. Nah an Zappa, trotzdem eigenständig und gut gelungen. Tolles Teil!
Danach gibt es auch schon das "Outro", das mit einer Explosion beginnt. Honktorius' Gehirn hat die Lektion nicht ertragen.
Der Bonusdreck beginnt mit einer Widmung an die Zappateers, Chato spielt Jazzgitarre und nennt den Song "Remembering Good Times", ein Zappanale-Echo mit Wehmut und Lust auf die Zukunft. "I'm only in you for your money" ist auch Chato solo, doch hier spielt er Bass, Schlagzeug und das Gitarrensolo. Wiederum stark an Frank Zappa angelehnt, selbst im Gitarrespiel und der Soloführung, werden die Freaks des Altmeisters wohl Tränen in den Augen haben und, wer weiß, vielleicht schaut FZ von Wolke 6/26 herab, wenn Chato diesen Sommer die Zappanale bespielt.
Glückwunsch, Chato!
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VM



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