Cactus "V" (Escapi Music, VÖ: 28.07.2006)

Es war einmal… Cactus waren 1970 für die Einen die große Heavyrock-Antwort auf Led Zeppelin, für die anderen Kopisten, die es nie schaffen würden - und nie schafften. Aus heutiger Perspektive kann man locker sagen, dass Led Zeppelin ein Qualitätsstandard ist, der erst einmal erreicht werden will. Und Cactus - wer ist Cactus?
Carmine Appice und Tim Bogart hatten vor Cactus bereits als Vanilla Fudge die (meiner Ansicht nach) besseren Alben abgeliefert und schweren Heavy Rock aus klassischen Motiven gepresst, daraus lange Songs geschmiedet (und sind damit kürzlich live wieder unterwegs gewesen). Wahrscheinlich im Zuge der retronostalgischen Wiedererweckung einstiger Rockhelden kam dann wohl die Idee auf, wenn Vanilla Fudge, warum nicht auch Cactus?!? Rusty Day und Jim McCarty wurden aus ihren bürgerlichen Existenzen gerissen und das Quartett, grau- sowie kurzhaarig, aber schlank und leidlich vorm Spiegel, griff die seltsamen Dinger, die sie einst Instrumente genannt hatten und steckte die Stecker in die Steckdosen.
Tatsächlich haben die netten Jungs sich sodann schließlich 14 Songs ausgedacht und im Studio eingespielt. Das wird nun als "Cactus V" veröffentlicht.
Die Songs sind ganz nett, rocken und rollen, haben Blues und Funk im Blut, erinnern mich an Bad Company und klangverwandte Bands. Die Sache ist rund, es gibt keine Ecken und Kanten, weder rockt es Hölle, noch gibt es Ausnahmesoli oder extreme Materialschlachten, wer auf schweren Heavyrock gewartet hat, wird enttäuscht sein. Im Vergleich zu heutigem Jungvolkdurchschnitt, der meint, Heavyrock zu produzieren, steht das Ensemble zwar gut da, aber eigentlich machen Cactus angenehm gemütlichen Bluesrock, der zugegeben nicht ohne Heavyness ist, aber niemals die Härte erreicht, die die Jungs damals drauf hatten (und noch viel weniger die dynamische Energie von Led Zeppelin). Für Nostalgiker. (Led Zeppelin hingegen ist Pflichtprogramm!!!)

Fehler gibt es immer wieder, darauf machte mich Tony Lauber aus Luzern in der Schweiz aufmerksam, dessen Email ich hier der Einfachheit halber anfüge:

Lieber Volkmar,
schade, dass jemand das Comeback-Album dieser US-Rockinstitution bespricht, der kein Fan ist. Sonst hättest du dem Album vielleicht mehr abgewinnen können und wüsstest, dass Sänger Rusty Day seine bürgerliche Existenz nicht abgestreift hat, um mit seinen alten Spezis ein Album einzuspielen, da er seit Jahren tot ist.
Der Neue heisst übrigens Jimmy Kunes.

In deiner Einschätzung, dass Cactus nie an die Klasse von Zep heran reichen konnten, hast du allerdings recht.

Keep On Rockin'!
Tony Lauber, Luzern, Schweiz

VM



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