Arthur Brown´s Kingdom Come "Galactic Zoo Dossier" "Kingdom Come" "Journey" (Sanctuary Records 2003)

Arthur Brown wurde 1969 durch die Singleauskopplung seines Albums "The Crazy World of Arthur Brown" bekannt. "I Am The God Of Hellfire" sang er in seinem Hit "Fire", ein Song, der ihn weltberühmt machte. Damals arbeitete er unter anderem mit Carl Palmer (Atomic Rooster, Emerson, Lake & Palmer) und Vincent Crane (Atomic Rooster) zusammen, die ihn beide 1969 verließen, weil Brown mit ihnen über 12 Monate lang keine neuen Songs einstudierte. Ein weiterer Versuch Arthur Browns (der eigentlich Arthur Wilton heißt), seine Band Crazy World aufzubauen, scheiterte nicht zuletzt an ihm selbst, als er sich beim "Pop 70"-Festival in Palermo, Italien auf der Bühne ausgezogen hatte und und wegen "unsittlicher Entblößung" festgenommen worden war. Ende 1971 präsentierte er schließlich seine neue Band Kingdom Come, mit der drei Alben aufnehmen sollte. Die beiden ersten Alben, "Galactic Zoo Dossier" und "Kingdom Come" sind die am meisten ignorierten seiner Veröffentlichungen geblieben.

"Galactic Zoo Dossier" wurde 1972 in der Besetzung Arthur Brown (voc), Andy Dalby (g, voc), Martin Steer (dr), Desmond Fisher (b), Michael Harris (key) und Julian Brown (vcs) eingespielt. Allein die furchterregende Verpackung weckte großes Interesse, der "God of Hellfire" war wieder da. Auf der Bühne nahm er das "Corpspaint" der 20 Jahre später sich entwickelnden Black Metal Szene voraus. Er blieb der Schrecken der Kirche, seine Auftritte wurden schon mal als "schädlich für Jugendliche" gebranntmarkt und kurzerhand von der Polizei untersagt. Musikalisch war "Galactic Zoo Dossier" auf der Höhe der Zeit. Nicht nur dies, das avantgardistische, wilde und sehr virtuose Werk war ein Parforce-Ritt durch die Rockmusik, bezog Jazz und Folklore ein und ließ das Blut der Hörer gefrieren, wenn Brown zur Ballade "Sunrise" seine Stimme erhob. Ein genialer Song, der eine ungemein überzeugende, hoch emotionale Stimmung trägt, der man sich nicht entziehen kann. Doch nicht balladeske Töne beherrschten das Album. Äußerst schräges Liedgut, unsentimentale Schroffheiten, merkwürdige, extreme Dynamiksprünge, harter, lauter Rock und psychedelische Klangorgien machen "Galactic Zoo Dossier" zu einem besonderen Werk des frühen Progressive Rock. Einige Stücke können eine gewisse Ähnlichkeit zu Atomic Rooster nicht verbergen, die Ausarbeitung der Themen erfolgte jedoch viel heftiger, aggressiver und ausgeflippter.

1973 folgte "Kingdom Come". Eingespielt in der Besetzung Arthur Brown (voc), Andy Dalby (g), Phil Shutt (b), Martin Steer (dr) und Michael Harris (key) wurden die musikalischen Motive nun nicht mehr ganz so schräg gespielt. Zwar war "Kingdom Come" alles andere als ein leichtes, einfaches Album, im Vergleich zum Vorgänger jedoch war es viel strukturierter, sortierter, aufgeräumter. Das tat dem harten Rock keinen Abbruch, ließ die Songs eher komplexer werden. Was an Wildheit weggenommen worden war, wurde aufwändig und kunstvoll an kompliziertem Liedgut wieder eingearbeitet. Beide Alben sind sich dennoch sehr ähnlich und strahlen die selbe Energie, die selbe Lust am Zerstören und Wiedererschaffen musikalischer Motive, die selbe Radikalität aus. Reich an Höhepunkten fasziniert die Musik in den 8 Songs ungemein. Arthur Brown meint, dass die Band damals jede Menge Drogen benutzte und unter diesem Einfluss Musik, Lyrics, Bühnenaufbau und Kostüme entwickelte. "Kingdom Come" ist ein Höhepunkt progressiver Rockmusik, wie sein Vorgänger ein absolutes Muss für Sammler.

Im gleichen Jahr folgte "Journey". Viel elektronischer, epischer und symphonischer als auf den vorigen Alben, trafen die Songs den Nerv des Publikums. Dennoch führte auch "Journey" eher ein Schattendasein und blieb geliebter Geheimtipp der Freaks. Einen Schlagzeuger gab es nicht. Arthur Brown, fasziniert von der wachsenden Möglichkeit technischer Mittel, schaffte sich eine für heutige Verhältnisse äußerst simple Drum-Machine an, die jedoch in der Lage war, variable rhythmische Töne zu erzeugen. Zwar klingen die Rhythmus-Töne synthetisch und starr, avariabel, aber besseres war halt noch nicht entwickelt. Andy Dalby (g, voc), Phil Shutt (b, perc) und Victor Perraino (mel, synth, perc, voc - arbeitete nach diesem Album unter Victor Perraino´s Kingdom Come weiter) waren neben Arthur Brown beteiligt. Statt der bisher vorherrschenden ausgeflippten kompositorischen Ideen wurde nun mehr Augenmerk auf Arrangement und Sound gelegt. Immer noch rockte die Band heftig, aber die "Pinkfloydisierung" war unüberhörbar. Das Album spaltete die Fangemeinde denn auch, ist bei den einen beliebt, bei den anderen gehasst und als Verrat gebranntmarkt. Einige Songs bedienen sich thematisch beim ersten Album und bauen die dort angerissenen Ideen weiter aus. Trotzdem hat das Album seinen Reiz, wirkt der Klau nicht negativ. Wie auch immer man das sehen mag, steht doch fest, dass die Songs verlockend wie der Chor der Sirenen klingen und ihren Platz im Kopf einfordern. Die Sounds schmeicheln den Sinnen, die Harmonien sind angenehm, viel lyrischer und sanfter geht die Band vor, wenn auch, wie gesagt, harter Rock und Brown-typische Schreie nach wie vor vorhanden sind und emotionale Höhepunkte setzen. Kein späteres Arthur Brown-Werk konnte jemals wieder an die musikalische Qualität dieser drei Alben herankommen.

Arthur Brown hatte nun jedoch keine Lust mehr auf die Band, löste sie auf und ging auf Weltreise. Die drei Alben, 1994 von Voiceprint bereits wiederveröffentlicht (und auch dort bereits mit Bonustracks ausgestattet), sind nun von Sanctuary Records wieder veröffentlicht worden. Ein Glücksfall, kann man meinen. Ist die Musik doch alles andere als leicht, alles andere als modern und hipp und wird sich nicht millionenfach verkaufen. Für Prog Freaks sind die CDs allerdings Pflichtprogramm.

Für die Sanctuary-Ausgaben sprechen einige Attribute. Verpackung, Booklet und Backcover waren bei den Voiceprint-Ausgaben eine einzige große Sauerei. Die nun mit vielen Bildern, Texten, Linernotes undundund ausgestatteten CDs haben ein restauriertes Original-Outfit, das über eine optimale Präsentation verfügt. Die Bonustracks (Alternative Tracks, BBC-Sessions) sind im Unterschied zur Voiceprint-Ausgabe angegeben worden, "Journey" bekam noch weitere dazu, so dass das einst 40-minütige Werk nun doppelt so lang ist. Die beiden anderen Alben halten sich oberhalb 50 Minuten auf. Bilderflut und Arthur Browns heutige Kommentare allein sind die Ausgaben wert. Nicht zuletzt: das Klangbild der CD ist klarer, dynamischer und lebendiger als die 94er Ausgabe. Absolute Kaufempfehlung!

VM



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