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Blues-Rock-Rausch
Indigenous featuring Mato Nanji "All Electrified Guitar" (Shrapnel/Mascot 2012)
Warren Haynes Band "Live at the Moody Theater" (Provogue/Mascot Records, 20.04.2012)
Renegade Creation "Bullet" (Provogue/Mascot Records, 01.06.2012)
Blindside Blues Band "Live at the Crossroads: Rockpalast, (Grooveyard Records, 04.05.2012)
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Mato Nanji ist ein Native American, der mit seiner Band Indigenous mit "All Electrified Guitar" bereits sein 8. Album vorlegt. 70:31 Minuten und 13 Songs lang zelebriert die Band bebenden, stampfenden Bluesrock, in dessen Zentrum Nanjis Gitarenspiel steht. Wie seine Einflüsse Jimi Hendrix, Stevie Ray Vaughn und Johnny Winter hat er einen eigenen Ton, eigene Handschrift, die indes nicht so markant zu erkennen ist, wie die der weltbekannten Heroen. Die Songs im altbekannten, stets locker interpretierten und saftig ausgebauten Bluesrock sind liedhaft und eingängig, setzen auf Groove, der zum Mitwippen einlädt. Damit liegt er zuerst Vaughn nahe, der diesen swampigen Ton sleazy und markant ausgebaut hat, ohne so grandiose Rockklassiker zu schaffen, wie Hendrix oder Winter. Ebenso wenig hat Mato Nanji diese brachiale, extrem virtuose Handschrift der Letztgenannten. Sie wären nicht die Größten, wären sie nicht unerreichbar. Doch nichts ist schlecht in den lässigen, typisch amerikanischen Songs. American Horse (perc), Jesse Bradman (org, back-voc), Jeff Martin (dr), Steve Evans (b) und Soulstimme Jonny Lang begleiten den Saitenkünstler in den Songs, die aus seiner Feder oder der von Leah Nanji stammen. Das gut abgehangene Rhythmusgeschehen hat enorm Groove und pulsiert weit aufgefächert und dynamisch. Die Orgel macht den Sound wie der Bass fett und wuchtig. Dass der große Kahn gut ins Rollen kommt, braucht es viel PS und die liefert die Band. Wenn die Songs auch keinem extravaganten Pfad folgen, sitzt im Instrumentalgeschehen abseits der Vokalparts doch etliche Energie und Bluessattheit. Liedhaftigkeit steht im Vordergrund, doch die zumeist über 5 oder 6 Minuten langen Songs haben genügend Raum für Gitarrensoli oder krachendes Bandinterplay. Der Sound passt perfekt in den Pub, den Freitagabend rund und erfolgreich zu machen. Auf der großen Bühne wird die gut geölte Maschine ebenfalls gut laufen und vielleicht reizt Mato Nanji dann sein Gitarrenspiel in extremerer oder härterer Weise aus.
So schon gut.
Die Produktion "Live at the Moody Theater" platzt aus allen Nähten. 2CDs und 1DVD im dicken Pappschuber, das schicke Booklet musste auch noch Platz finden - der musikalische Inhalt findet in seiner Präsentation die perfekte Entsprechung. Zweieinhalb Stunden Musik vom 03.11.2011 aus dem The Moody Theater in Austin, Texas, USA, gibt es zu hören und sehen. Warren Haynes ist die nächste Generation der Allman Brothers Band und The Dead, seine eigene Band Gov't Mule ist eine längst gut geölte Dampfmaschine, immer unterwegs, gute Ziele absteckend. Was auf CD1 und CD2 zu hören ist, findet sich auf der DVD wieder, die hat zudem Soundcheck und Rehearsals als Bonus drauf. Neben Warren Haynes (g, voc) standen Ron Johnson (b), Terence Higgins (dr), Nigel Hall (key), Ron Holloway (sax) und Alecia Chakour (back-voc) auf der Bühne (nur ein Schlagzeuger), als Gäste sonnten sich im Performancelicht Ian McLagan (Faces) sowie die Groove Line Horns.
Blues, Rock, Soul, Funk, Reggae, Rhythm & Blues (nicht das Dance-Zeugs) wälzen sich voluminös und schwertaktig von der Bühne. Die Band groovt, die Songs swingen, die Stimmung ist ausgelassen und locker, die Performance fließt satt und rasant dahin, die (nicht mehr ganz jungen) Musiker intonieren mit konzentrierter Leidenschaft und ausgelassener Energie den Blues. Zwischen den etlichen Haynes-Songs stecken ein paar Klassiker von Jimi Hendrix, Steely Dan und Sam Cooke. In instrumentalen Feuerwerken bringt die Warren Haynes Band manchen Songs weit über 10 Minuten zum Kochen. Das Bandinterplay ist vital und virtuos, Gitarren-, Saxophon-, Keyboard- und Schlagzeugsoli machen die Sache rund. In allem steckt Warren Haynes Handschrift und Stimme. Die Klassiker haben sein Flair, das erst zu überlegen bleibt: das Dings kenne ich doch, wer hat das nur geschrieben?
Die CD ist für die geschlossenen Augen, die DVD (eher) für die offenen. Die Bühne ist gut ausgeleuchtet und die Band haucht der großen Bühne Leben ein. Ganz ohne Action und Mätzchen, tief ins Handwerk versunken, ackert die Band sich mit Leib und Seele durch die Songs. Gut zu sehen und hören, wie die 1. Liga, in der diese Band zweifellos steht, sich von den nachstehenden unterscheidet und abhebt. Wo andere sich anstrengen müssen, alles zu geben, leben diese ihren Sound ganz aus sich heraus ohne Anstrengung.
Topp!
Michael Landau (g, voc), Robben Ford (g, voc), Jimmy Haslip (e-b) und Gary Novak (dr, perc) inszenieren Bluesrock auf die klassische Weise. Vom ersten bis zum letzten Ton der 10 Songs und 42:49 Minuten umfassenden CD scheint das Album und ein jeder Song von vornherein wohlbekannt und doch ist die Frische und Intensität der Performance umwerfend und mitreißend. Technisch ist das Quartett zweifellos perfekt aufgestellt, ein jeder Beteiligter hat mit unzähligen Größen gearbeitet, diverse Stile zwischen Rock, Blues, Jazz und allen Gemengelagen dazwischen beackert und unter eigenem Namen, mit eigener Band Alben eingespielt und veröffentlicht.
Die 10 Songs sind straff organisiert; lebhaft und flott geht es zur Sache. Instrumentale Auswüchse finden zahlreich und ausgiebig statt, jede kleine Ecke ist mit Gitarrensoli voll gestellt und jeder Zeit klingt es, als haben die Jungs ordentlich Spaß an dem, was sie da so locker und versiert aus dem Ärmel schütteln. Mancher Song ist schneidend scharf gespielt und der Boogie rollt und stampft durch den Wilden Westen. Nix Musik zum Mitdenken, hier kann der Schädelinhalt zum Trocknen in den Wind gehängt werden, während der Spaßfaktor im Skelett für Gänsehaut-Wohlfühlfaktor sorgt. Und die akustische Note zwischendurch fließt im Rausch der Ereignisse locker und nachdenklich mit, dass am Ende der CD nur zu staunen bleibt, dass der kurzweilige Reigen schon sein Ende hat. In aller Rockfrische und Grooveknackigkeit ist das Album absolut familienkompatibel und eingängig, ohne kitschiger Mainstream zu sein.
Live im Rockpalast mitgeschnitten, ist die Show der Blindside Blues Band jetzt auf CD+DVD für den heimischen Wohnzimmersessel produziert worden. Mike Onesko (g, voc), Scott Johnson (g), Fletch Little (b) und Emery Ceo (dr) zelebrieren ihren Auftritt mit wahnsinniger Energie und satter Rockhärte. Taff und locker stehen sie auf der Bühne, kaum dicke Show, eher versunken in die Performance, sich die Spielbälle zuwerfend und von Gitarrensolo zu Gitarrensolo mörderisch Energie erschaffend. Schon im Opener "Let the Blues do the Healing" schneidet Oneskos Gitarre den enormen Krachsound, als müssten Laserstrahlen durch Stahlbeton. 13 Songs und 74:52 Minuten lang (auf der DVD gibt es zusätzlich "Bonus Footage") jagt die Band von Song zu Song, hart rockend, viel Spielspaß dabei und Lockerheit präsentierend, von Boogie zu Blues über Hardrock zum Boogie zurück und der Motor läuft und läuft. Allesamt stammen die Stücke aus Mike Oneskos Feder und sind doch traditionelle Klassiker, in seiner Handschrift neu entstanden. Trotz der cool ausgeleuchteten Bühne und der abgefahrenen Performance der Band darauf würde ich zuerst die CD empfehlen: ganz ohne Bild ist der Wahnsinnssound noch unglaublicher und abgefahrener. Zudem sieht das Auge (auf der DVD), dass die Show im Hier und Jetzt eingespielt wurde, die CD spricht eine ganz andere Sprache: der Sound kann nur 1971 so intensiv und erstklassig abgeliefert worden sein.
VM
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