Birdsongs of the Mesozoic with Oral Moses "extreme spirituals" (Cuneiform Records 2006)

Gospel ist die religiöse Musik der schwarzen Sklavenarbeiter. Aretha Franklin, Paul Robeson oder das Golden Gate Quartet haben etliche eindrucksvolle Arbeiten hinterlassen. Songs voll Liebe und Leid, Freude und Gottesglauben, Hoffnung und Apathie, Trauer und Lebensfreude. Gospel ist bewegt, lebhaft und hat den Antrieb des inneren Lebenswillens. Gospel ist tanzbar und ansteckend, bewegend und einnehmend, im besten Fall.
Oral Moses ist klassischer Sänger, sein Gesang ist befreit von der drückenden Last der Feldarbeit, der Hoffnungslosigkeit der Armut, der Ausgeliefertheit des Sklavendaseins, des unendlichen Lebensmutes der schwarzen Sklaven, der tiefen Melancholie in den Augen der Kinder, der Hoffnungslosigkeit der Lebenssituation; seine Stimme ist klare, glatte, ausgebildete Stimmführung, der Emotionen befreites klassisches Organ.
Oral Moses und Birdsongs of the Mesozoic interpretieren bekannte traditionelle Gospels, etwa "Sometimes I Feel Like A Motherless Child", "Joshua Fit the Battle of Jericho" oder "Nobody Knows the Trouble I See".
Birdsongs of the Mesozoic, sonst für avantgardistische Töne in der freien Weite zwischen Progressive Rock und Free Improvisation bekannt, die sie extravagant und inspiriert zu intonieren wissen, scheinen jeden Grund verloren zu haben. Alle Musik hat den Charakter der Pseudo-Inspiration. Wie zufällig spielt die Band. Der zweite Song "Couldn't Hear Nobody Pray" klingt wie ein misslungener Cartoon, unfreiwillig komisch. "A Little More Faith In Jesus" klingt wie die Kunstmusik der Residents, mit einer seltsamen, aschfahlen Leere.
Das Vorhaben, Gospel mit Avantrock zu verknüpfen, um etwas ganz besonders Ausgefallenes, Schräges zu fabrizieren, ist gescheitert, die instrumentale Darbietung kann die Gospels nicht alternativ lebendig machen. Der salbungsvolle, klassisch trainierte Tenor ist viel zu steif für Gospel, DIE lebhafte bewegte Musik.
Die Arrangements wirken instrumental nicht überlegt, sondern wahllos durch das nicht nachvollziehbare Herausgreifen mal dieses, mal jenes melodisch führenden Instrumentes, der starren, abstrakten Rhythmen. Als wollten Band und Sänger zeigen, wie man gelebte Volksmusik mit Kunstsinn kaputt machen kann, bleibt die ganze CD über große Befremdlichkeit über erhalten, die Musik wird nicht "warm".
Wo Birdsongs of the Mesozoic sonst große arrangementtechnische, instrumentale Stärke zeigen, in fragilen, künstlerischen Songs, verblasst ihr Spiel hier zur leblosen Begleitmusik der unfreundlichen, abgrundtiefen Stimmung der Sangesstimme. Die Songs vergehen in der Interpretation dieser CD und werden dem eigentlichen Lebensgefühl in keiner Weise gerecht.

birdsongsofthemesozoic.org
oralmoses.com
cuneiformrecords.com
VM




Zurück