Arctic Plateau - On a sad sunny Day (Prophecy Productions 2009)

Frostig mutet es an - das Albumcover, auf dem Badegäste am Strand scheinbar hinter einer mit Eiskristallen beschlagenen Kameralinse zu sehen sind. Der Blick vom arktischen Plateau, offenbar von den fokussierten Personen unbeobachtet. Schon dem ersten Eindruck nach lässt die Optik dieser Veröffentlichung progressive Musik vermuten und bekanntlich trügt der erste Eindruck selten so ganz. Trotzdem passt die Kategorie "Progressive" nur leidlich, ebenso wie auch andere Stilangaben nur mühsam das Gebotene zu umschreiben vermögen. Der Solokünstler Gianluca Divirgilio erklärt es selbst als "explizit geträumte Musik" und damit seine sehr entspannte und gefühlsbetonte Kopfmusik treffender, als Genretitel wie Indie oder Wave-, Art-, Psychedelic- und Post-Rock es können. "On a sad sunny Day" klingt gleichzeitig flächenhaft und filigran, viele der Stücke wechseln zwischen introvertierten und verspielten Passagen sowie dichten und melodischen Gitarrenwällen, die von differenziert ausgearbeiteten Basslinien (eingespielt von Gastmusiker Fabio Fraschini) begleitet werden. Dabei ist es einer sehr gelungenen Produktion zu verdanken, dass alle Elemente entsprechend zur Geltung kommen.
Gianluca Divirgilio ist offenbar ein talentierter Mulitinstrumentalist, der auch den Gesang in Eigenregie übernommen hat. Gleichwohl nimmt erscheint die Stimme hier eher als nebenrangiges Instrument, nur zeitweise eingesetzt und selten hervorstechend. Die kurzzeitigen Black-Metal-Aggressionen vor opulenter Streicherkulisse im eröffenenden "Alive" sowie zu klagenden Gitarren im folgenden Titelstück bleiben Einzelerscheinungen, Divirgilio hält sich gesanglich im weiteren Albumverlauf zunehmend zurück und gestaltet extrovertiertere Momente wie im feinen "Coldream" sowie auch einige komplette Stücke instrumental.
Es scheint dabei ein wenig, dass der Musiker nach vielen elegisch mäandernden Stücken mit dem proggig verschachtelten "In Time" bewusst einen aufrüttelnden Schlusspunkt gesetzt hat, von dessen Spielart man sich noch etwas mehr hätte wünschen können. Denn mitunter verliert man sich auf dem arktischen Plateau in endloser Weite und liebevoll gepflegtem Wehmut, so dass eine Kante klarere Struktur und Dynamik dem Hörgenuss an mancher Stelle auf die Sprünge helfen könnte. Und dann wäre "On a sad sunny Day" eine fast schon perfekte Synthese aus anspruchsvoller Musikunterhaltung und höchst angenehmer Hintergrundbeschallung, wobei der Künstler selbst das Letztgenannte wohl ungern hören wird... Aber schliesslich sprechen wir hier von einem Debutalbum und auch für lobende Wort muss noch Spielraum nach oben bleiben.

Volker Schulz




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