Anfinnsaas "Anfinnsaas" (Autumnsongs Records 09.10.2015)


Ohne groß anzuklopfen, fährt diese Maschine furios ins Gebälk. Geir Anfinn Halland Johansen (dr) und Knut Finsaas (g) spielten im Duo sechs Songs ein (37:53 Minuten), die mit einem so gewaltigen Krach daherkommen, dass der erste Schreck tief sitzt. Das Duo meint, mit diesem ihrem Debütalbum einen Mix aus nordischer traditioneller Musik und Metal zuzubereiten. Indes scheint mit weder traditionelles Liedgut Teil der Noise-Orgie zu sein, es sei denn, der heitere Krach, den die Wikinger machten, wenn sie sich Met-trunken des Nachts prügelten. Metal ist hier ebenso wenig zu hören. Zwar liegt die elektrische Gitarre schwer, wuchtig und hart im Ohr, ist stilistisch aber eher im Free-Jazz-Doom-Geist unterwegs. Das Trommelgewitter mag wilde, kriegerische Klangstruktur, so dass von - zumindest herkömmlichen - Spielarten genannter Bandvorstellungen hier weit und breit nicht die Rede sein kann.
Der Krach kann partiell ambient zart und melancholisch verträumt sein, oder aus der intensivsten Wucht in lärmigen Klangbrei ziehen, wo jeder Einzelton zermahlen, zerstoßen und entstellt in der (a)tonalen Lavamasse für schräge und herausfordernde Intensität steht.
Anfinnsaas sind so etwas wie umgekippter Ambient-Sound. Grundsätzlich düster, spannend und anarchisch, lässt das Duo die eine Idee in Molllastiger Schwerwalzdynamik wie einst Black Sabbath auftanzen, während andere wie psychotischer Kriegstanz extreme Aggressionsbereitschaft aufzeigen.
Trotz der wirren, teils enorm hektischen und radikal aggressiven Arrangements bastelt das Duo keinen komplex-progressiven Sound, wenn ihr Radikalkrach hier und da auch eventuelle Parallelen aufzeigt. Eher ist dies Doom-Stoner-Hardcore in Jazz-psychedelischer Free-Note mit dürren kompositorischen Ideen, in denen es nicht um verflixt konfliktreiche Motiventwicklungen geht, sondern um Dauerbeschuss in Sachen Blitz und Donner.
In der einen Tageszeit ist dies durchaus belebend und erfrischend, wenn die andere, entnervt, kaum noch die Kraft findet, unter der Musikwalze hervorzukriechen und die Stop-Taste zu betätigen. "Spissrot" am Ende der CD bündelt zuletzt alle Kräfte über 11 Minuten, lässt sich Zeit, genießt den düsteren Aufbau der Erwartung des apokalyptischen Sounds. Und selbst wenn hier die epische Langsamkeit verhindert, dass der Zerstörungswahn jeden letzten Zellkern zermalmt, ist dies noch einmal grandioser Krach für Leute, deren Doom zu schlicht und jede herkömmliche Songstruktur zu banal ist. Leute, die sowieso schon auf dem Zahnfleisch kriechen, werden dies indes wohl eher nicht als Therapie empfinden.

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VM



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