1982 - A/B (Hubro Music 2014)


So unscheinbar der Bandname, so nüchtern das Covermotiv in seiner tristen Alltäglichkeitsabbildung - und so vollkommen gegensätzlich ist die Musik dieses seltsamen, wahrhaft außergewöhnlichen Ensembles. 6 Tracks enthält die CD, betitelt sind sie - mit der Dauer ihrer Spielzeit. Track 1: 18:16. Das ist länger als die Dauer der weiteren 5 Stücke zusammen.
Nils Økland (Violine, Hardanger Fiedel, Stimme), Sigbjørn Apeland (Harmonium, Piano) und Øyvind Skarbø (Schlagzeug, Perkussion) und das 5-köpfige, klassische Bläserensemble unter Leitung des Dirigenten Stian Omenås arbeiteten dieses düstere, neutönerischere Avant-Folk-Werk aus. Dröhnendes Harmonium (dessen Pedalantrieb nicht direkt zu hören ist, partiell dafür seltsame, unterschwellige rhythmische Basslaute, deren Ursprung nicht zu erkennen ist), düstere Melodielinien, aus klassisch skandinavischer Folklore inspiriert, von Flöte, Klarinette, Tenorhorn, Fagott, Violine und Posaune gespielt, wandeln zwischen lyrischer Lieblichkeit und, dazu im starken Kontrast stehend, abstrakter und atonaler Expressivität.
Aus der dunklen Basis schwelgen schöngeistige, lichte Harmonien auf, stets von Basstönen des Harmoniums begleitet, die dem klaren Lichtstrahl Einhalt gebieten. Andere Parts sind rhythmisch geprägt. Neue Musik und Folklore treffen sich in abstrakter Weise auf Augenhöhe. Sehr ausdrucksstark und keineswegs anheimelnd brechen sich eingängige Melodiemotive in disharmonischen Ansätzen. Melancholisch verträumte, sphärisch schwebende Augenblicke folgen, da blüht und wildert der Sommer. Die Melancholie verdichtet sich, wird zur Ahnung des Herbstes, noch rekelt sich das Leben und die Stimme Nils Øklanders gähnt, summt und brummt lautmalerisch zum verspielt träumenden Harmonium, da setzen düstere Töne ein, Stürme brechen auf, wuselige Atmosphäre nimmt den Sommer fort, Schwere und Kargheit setzen sich durch - wundersam, wie das Ensemble, längst schon im fünften Track angekommen und ohne die Klassikgäste, ihr Gefühl für Leben, Wachsen und Vergehen intonieren.
A/B - wohl auf die Spieldauer der CD bezogen, und die Besonderheit des einen langen Stückes und der fünf kurzen - ist weit von allem entfernt, was Mainstream in Folklore, Klassik und Rock ist. Rock findet nicht statt, oder kaum, die instrumentale Ästhetik kann hier und da rockbezogen sein, darum die Angabe des Stiles.
Wer anmutige Melancholie empfindet, wenn er dunklen Klängen lauscht, ein düsteres, überlichtes skandinavisches Jahr nachvollziehen möchte und Werden und Vergehen in schwebendem Klang sucht, kann hier gut unterhalten sein. Es überwiegen bei Weitem die lyrischen, epischen Motive, wobei mit schwermütiger Dunkelheit nicht gegeizt wird und die im ersten, langen Stück neutönerischen Abstraktmomente schön exakt und krass ‚schräg' ausgearbeitet sind.
Empfehlung!

1982trio.com
hubromusic.com
VM



Zurück